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Editorial | bpb.de

Editorial

Lorenz Abu Ayyash

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"Das Ziel der Neuen Arbeit besteht nicht darin, die Menschen von der Arbeit zu befreien, sondern die Arbeit so zu transformieren, damit sie freie, selbstbestimmte, menschliche Wesen hervorbringt." So beschrieb der österreichisch-amerikanische Sozialphilosoph Frithjof Bergmann 2004 in "Neue Arbeit, neue Kultur" sein einflussreiches New-Work-Konzept. Er entwickelte seine Vision einer modernen Arbeitswelt, nachdem er in den 1970er Jahren in Flint, Michigan, beobachtet hatte, wie viele Menschen in der Automobilindustrie durch computergestützte Automatisierung ihre Jobs verloren. Bergmanns Ansatz war seinerzeit ein Gegenentwurf zum kapitalistischen, aber auch zum kommunistischen Arbeitsmodell und führte zu einem Nachdenken über das System der Lohnarbeit und die Bedürfnisse von Arbeiterinnen und Arbeitern.

Neue Aufmerksamkeit erhielt das New-Work-Konzept im Zuge der Corona-Pandemie, als sich die Arbeitswelt zwangsläufig radikal veränderte. Gleichwohl gibt es bis heute keine allgemein gültige Definition, was darunter zu verstehen ist. Häufig wird damit der Strukturwandel der Arbeit beschrieben, der nicht zuletzt durch den technologischen Fortschritt vorangetrieben wird. Dazu gehören neben flexiblen Arbeitsformen wie Homeoffice und Vier-Tage-Woche auch organisationskulturelle Aspekte wie flache Hierarchien und Selbstorganisation. Viele dieser Ansätze versprechen mehr räumliche und zeitliche Selbstbestimmung sowie größere Eigenverantwortung – Selbstverwirklichung geht damit jedoch nicht zwangsläufig einher.

Dass gute Arbeit jene Arbeit ist, die man – in den Worten Bergmanns – "wirklich, wirklich will", darüber besteht weitgehend Einigkeit. Doch welche Maßnahmen dafür notwendig sind, welche Auswirkungen sie auf die Beschäftigten haben und wo sie jenseits von herkömmlichen Bürotätigkeiten eingesetzt werden können, darüber gehen die Meinungen weit auseinander. So lässt sich unter dem Stichwort "New Work" eine grundsätzliche Debatte darüber führen, wie die Zukunft der Arbeit aussehen kann und soll. Die Autorinnen und Autoren dieser Ausgabe, die diese Diskussion aufgreifen, wurden von der Redaktion im Rahmen eines Call for Papers aus zahlreichen Einsendungen ausgewählt.