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Tschernobyl – die bekannte, unbekannte Katastrophe | Energie global | bpb.de

Energie global Editorial Tschernobyl – die bekannte, unbekannte Katastrophe Utopie ohne Ökonomie: Aufstieg und Niedergang der Atomkraft in der westlichen Welt Globale Energiewende: "Made in Germany"? China und Indien: (Keine) Wege aus dem Energie- und Klimadilemma Das Pariser Klimaabkommen und die globale Energiepolitik

Tschernobyl – die bekannte, unbekannte Katastrophe

Melanie Arndt

/ 19 Minuten zu lesen

Was wissen wir über "Tschernobyl"? Fest steht: Die Katastrophe stellt in vielerlei Hinsicht einen Wendepunkt dar – und zwar weit über die unmittelbar von den Folgen betroffenen Gesellschaften hinaus.

"We all live in Chernobyl" prangte am 3. Mai 1986 auf einem Plakat, das ein Demonstrant auf der Baustelle des Atomkraftwerks Shoreham auf Long Island, knapp 7500 Kilometer Luftlinie vom explodierten sowjetischen Reaktor entfernt, in die Höhe streckte. Das war nur wenige Tage nachdem die ersten Meldungen über den Unfall in der Nordukraine über die Newsticker der westlichen Medien gelaufen waren, die die Öffentlichkeit seitdem in Atem hielten. Shoreham war zu diesem Zeitpunkt nur eines von mehreren US-amerikanischen Atomkraftwerken, die auf den Abschluss des Lizensierungsverfahrens warteten, um in Betrieb genommen zu werden.

Obgleich auf der sowohl geografisch als auch ideologisch äußerst weit entfernten anderen Seite des Eisernen Vorhangs, reaktivierte und veränderte die Katastrophe von Tschernobyl zumindest zeitweilig einen Teil der nordamerikanischen Antiatomkraftbewegung, die ihren Höhepunkt bereits in den 1970er Jahren überschritten hatte und meist nur noch auf lokaler Ebene aktiv war. Die Nachrichten und Gerüchte über den Unfall beendeten diese Starre vorerst. Plötzlich war Atomenergie auch außerhalb der Aktivistenszene wieder zu einem heftig umstrittenen Thema geworden – nicht nur in den Bundesstaaten, in denen Kernkraftwerksbetreiber ungeduldig darauf warteten, den Startknopf zu drücken. Auch in anderen Regionen mit geplanten oder operierenden Kernkraftwerken flammte die Debatte über die Risiken der Atomenergie wieder auf.

Doch nicht nur im Lager des ideologischen Hauptgegners, das vom radioaktiven Fallout nicht einmal unmittelbar betroffen war, hatte die Reaktorexplosion an der ukrainisch-belarussischen Grenze das Thema Atomenergie in die Öffentlichkeit zurückkatapultiert. In der Türkei ließ sich Ministerpräsident Turgut Özal scherzend beim Teetrinken ablichten, um die besorgte Bevölkerung der Schwarzmeerregion zu beschwichtigen, deren Tee die westeuropäischen Länder als zu stark belastet abschlugen. Die Sami in Lappland standen urplötzlich vor dem Verlust eines entscheidenden Teils ihrer Kultur und Lebensgrundlage, weil sie ihre kontaminierten Rentiere schlachten mussten. Selbst in der "Atomnation" Frankreich regte sich Widerstand gegen die auf höchster politischer Ebene verbreitete Suggestion, die radioaktive "Wolke" habe an der französischen Grenze Halt gemacht. In drei Referenden 1987 entschied die italienische Bevölkerung, aus der Nutzung der Atomenergie auszusteigen. Auch im Osten Europas blieb es nicht ruhig: Eine Vorreiterin war die polnische Umweltbewegung, die kurzerhand den geplanten Standort des ersten Atomkraftwerks des Landes von Żarnowiec in "Żarnobyl" umtaufte. Das Werk wurde nie fertiggestellt. In Litauen verhinderte eine Massenbewegung 1988 den Bau eines weiteren Reaktors im Atomkraftwerk Ignalina. Auch in den am meisten von der Katastrophe betroffenen Sowjetrepubliken bildeten sich, wenn auch zeitverzögert, einflussreiche ökologische Bewegungen heraus.

"Tschernobyl" – gemeint ist hier und im Folgenden nicht allein das Unfallereignis, sondern der gesamte Katastrophenprozess – setzte Sensibilisierungs- und Mobilisierungsprozesse in breiten Teilen der Bevölkerung verschiedener Länder in Gang, insbesondere in den sozialen und ökologischen Bewegungen. Darüber hinaus beeinflusste es die Entwicklung der Atomindustrie weltweit. Mehr oder weniger offen kommunizierten und mehr oder weniger freiwillig inspizierten Ingenieure und Atomkraftwerksbetreiber die Anlagendesigns und Schutzmechanismen ihrer Reaktoren, während politische Institutionen geflissentlich die bestehenden Notfallregularien prüften.

Dass Tschernobyl einen Wendepunkt in der Geschichte des 20. Jahrhunderts darstellt, wird heute kaum noch bezweifelt. Allein den transnationalen Verflechtungen und komplexen Ambivalenzen, die diesen Wendepunkt ausmachen, gilt bis heute selten vertieftes historisches Interesse. Einerseits wissen wir so viel über Tschernobyl und andererseits so wenig.

26. April 1986: Unfallhergang

In den zurückliegenden zwanzig Jahren ist kaum neues Wissen über den Unfall und dessen Ursachen hinzugekommen. Als gesichert gilt der Unfallhergang: In der Nacht vom 25. zum 26. April 1986 führten die Operatoren einen Sicherheitstest im jüngsten der vier RMBK-Reaktoren des Atomkraftwerks "Wladimir Iljitsch Lenin" durch. Dabei sollten sie prüfen, ob die Turbinen des vierten Reaktors bei geringer Reaktorleistung, beispielsweise während eines Stromausfalls, noch genügend Restenergie liefern würden, um die 20 bis 40 Sekunden zu überbrücken, die die Dieselmotoren der Notstromaggregate benötigten, um die Energiezufuhr für die Kühlwasserpumpen zu generieren. Eigentlich sollte der Test bereits am Nachmittag des 25. Aprils stattfinden, er musste aber unterbrochen werden, weil die ukrainische Hauptstadt Kiew einen erhöhten Strombedarf gemeldet hatte. Eine halbe Stunde vor Mitternacht wurde er dann unter Zeitdruck fortgesetzt. Fast genau zwei Stunden später, am 26. April um 1:23 Uhr, explodierte der Reaktor, nachdem seine Leistung zunächst sehr stark gefallen und dann schlagartig extrem gestiegen war. Auch die Temperatur im Reaktor war massiv angestiegen. Dies löste eine Reihe unvorhergesehener Reaktionen aus, die außer Kontrolle gerieten und schließlich zur Explosion des Reaktorkerns führten, wodurch radioaktive Elemente sowohl in Aerosolen als auch in Staubpartikeln freigesetzt wurden.

Einige Details der Zerstörung des Reaktors, der erst seit drei Jahren in Betrieb war, sind immer noch unvollständig und werden es vermutlich immer bleiben, weil sich nicht alle chemischen und physikalischen Prozesse, die zur Explosion führten, gänzlich nachvollziehen lassen. Lücken werden mit schwer belegbaren Theorien, Mythen und Verschwörungsfantasien gefüllt, die von lokalen Erderschütterungen über explosionsauslösende Magnetfelder bis hin zu Sabotageakten des amerikanischen Feindes reichen. Abgesehen von diesen Theorien dominieren drei Narrative, um die Ursachen des Unfalls zu erklären: menschliches Versagen, Mängel im technischen Design des Reaktors und Missmanagement. Aller Wahrscheinlichkeit nach liegt die Wahrheit in dem, was der Soziologe Charles Perrow kurz vor Tschernobyl als "Normalität" von Unfällen in Risikotechnologien beschrieb: in einer Verkettung von Fehlern und Mängeln, die sich in hochkomplexen Systemen nie ganz vermeiden lassen.

Laut offizieller Angaben lebten zum Zeitpunkt des Unfalls etwa sieben Millionen Menschen in dem Gebiet, dass durch den radioaktiven Fallout kontaminiert wurde. Bis zu 350.000 Menschen wurden evakuiert, umgesiedelt oder verließen das Gebiet auf eigene Initiative. Heute leben noch etwa fünf Millionen Menschen in mehr oder weniger kontaminierten Landschaften. In Belarus, dem am stärksten vom radioaktiven Fallout betroffenen Land, der Ukraine und Russland haben sich seit Tschernobyl nicht nur Besiedelungsmuster durch Evakuierung, Umsiedlung und Wiederansiedelung geändert, sondern auch Landschaften, Ernährungsgewohnheiten und kulturelle Praktiken.

Wissen und Nichtwissen

Viel ist über Tschernobyl geschrieben worden, vor allem im Stile der sogenannten Dokumentarprosa: Zeitzeugen- und Expertenberichte im Grenzgebiet zwischen Erinnerung und Fiktion. Im Oktober 2015 erhielt Swetlana Alexijewitsch unter anderem für ihre Tschernobyl-Tagebücher den Literaturnobelpreis. Wichtige Erkenntnisse zum Verständnis der unterschiedlichen kulturellen, sozialen und politischen Fallouts der Tschernobyl-Katastrophe haben bisher vor allem Vertreterinnen und Vertreter der Anthropologie, der Politologie und der Geschichtswissenschaften geliefert. Zweifellos sind auch zahlreiche medizinische und biologische Studien entstanden – allerdings verschließen sich diese aufgrund ihrer sehr fachspezifischen Herangehensweise weitestgehend einer über das Fachpublikum hinausgehenden Leserschaft. Außerdem können auch sie nicht darüber hinwegtäuschen, dass es unangefochtene Studien über den Einfluss radioaktiver Strahlung auf ökologische Systeme nicht gibt, dass wir also immer noch zu wenig darüber wissen – trotz Hiroshima und Nagasaki, trotz zahlreicher Atombombentests, trotz einer langen Liste von Unfällen in Atomanlagen, die weit umfassender ist als die mehr oder weniger bekannten Beispiele Hanford, Majak, Sellafield und Three Mile Island.

Warum wissen wir immer noch so wenig? Warum wird immer noch über die Zahl der "Tschernobyl-Opfer" gestritten, herrscht immer noch so viel Uneinigkeit über die durch die freigesetzte Radioaktivität verursachten Krankheiten? Welches Nichtwissen ist unvermeidbar, zumindest zum gegenwärtigen Zeitpunkt? Hier muss noch viel stärker nach den Grenzen gefragt werden zwischen "Nicht-wissen-Können" und institutionellen Barrieren im Wissenschaftssystem einerseits und den politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Ordnungen, in denen dieses System eingebettet ist, andererseits. Die von der Wissenssoziologie längst umrissenen "unterschiedlichen sozialen Konstruktions-, Definitions- und Anerkennungsprozesse", denen Nichtwissen unterliegt, sind mit Blick auf die medizinischen und biologischen Folgen Tschernobyls noch immer nicht hinreichend erforscht. Das gleiche trifft auf die am häufigsten mit Strahlenexposition in Verbindung gebrachte Krankheit, Krebs, zu. Die Unsicherheiten, die sich mit einer Strahlenbelastung verbinden, setzen sich in der Diagnose und Behandlung der verschiedenen Krebsarten fort. Patientinnen und Patienten sowie Ärztinnen und Ärzte müssen dabei Entscheidungen treffen, die auf widersprüchlichen Angaben und Wahrscheinlichkeitsrechnungen beruhen und zu einem "Leben in Prognose" verdammen.

Als die einzigen unbestrittenen Todesopfer Tschernobyls gelten noch immer die drei während des Unfalls ums Leben gekommenen Kraftwerksangestellten sowie die 28 Personen, die noch 1986 an den Folgen akuter Strahlenkrankheit starben. Die unterschiedlichen Schätzungen über die Anzahl der Menschen, die in den darauffolgenden Jahren an den Folgen der Katastrophe starben, reichen von "etwa 50" plus geschätzten 4000 zusätzlichen Krebstoten bis zu fast einer Million. Dieses "Gezerre um die Strahlentoten" beruht vor allem auf unterschiedlichen Prämissen in vier miteinander verbundenen Bereichen. Erstens bestehen unterschiedliche, oft sogar konträre wissenschaftliche und moralisch-ethische Grundannahmen in Bezug auf die Schädlichkeit von radioaktiver Strahlung, insbesondere der Niedrigstrahlung und Langzeitexposition, für den menschlichen Organismus und die dadurch verursachten Krankheiten. Zweitens differieren die den Zählungen zugrunde liegenden Bezugsgruppen und die Vorstellungen davon, wer zu den Opfern zu rechnen sei. Drittens variieren die berücksichtigten Zeitspannen, und viertens werden unterschiedliche geografische Räume in die Analysen einbezogen.

Wegen ihres militärischen Potenzials ist die Geschichte der Atomenergienutzung von Beginn an von Geheimhaltung und Verschleierung geprägt. Diese Zensur beeinflusste auch den Umgang mit Wissen und Nichtwissen unmittelbar nach der Reaktorexplosion von Tschernobyl. Das tatsächliche Ausmaß der Katastrophe verschwieg die sowjetische Regierung unter Michail Gorbatschow drei Jahre lang. Sonja Schmid argumentiert in ihrem jüngst erschienenen Buch über die Geschichte der sowjetischen Atomindustrie allerdings zu Recht, dass komplette Geheimhaltung genauso wenig existiere wie komplette Transparenz. Indes, von einem "well-controlled information management" zu sprechen, setzt voraus, dass das Wissen für die Entscheidungsträger tatsächlich verfügbar und anwendbar und seine Verbreitung tatsächlich kontrollierbar gewesen wäre, um die proklamierte Panikvermeidung zu erreichen. In vielerlei Hinsicht hat nichts davon funktioniert: Weder stand komplettes Wissen zur Verfügung, noch konnte es vollständig kontrolliert werden oder durch die Kontrolle von Wissen Panik vermieden werden.

Darauf, dass das Wissen über den Unfall nur teilweise kontrolliert werden konnte, lässt schon die ungewohnt emotionale und deswegen von der Bevölkerung sehr ernst genommene Fernsehansprache Gorbatschows vom 14. Mai 1986 schließen. Viel mehr noch aber konnten die Massenbewegungen im Land nicht unbemerkt bleiben: Hunderttausende Evakuierte sowie sogenannte Liquidatorinnen und Liquidatoren, die die gefährlichen Aufräumarbeiten zu verrichten hatten, waren in der gesamten Sowjetunion unterwegs. Darüber hinaus konnten in Teilen der Sowjetunion auch ausländische Nachrichtensender empfangen werden, die über den Unfall berichteten. Briefe besorgter Leserinnen und Leser an Zeitungsredaktionen und Zeitzeugenberichte belegen, dass sich Gerüchte lange vor Aufhebung der Zensur im Mai 1989 verbreitet hatten und ihren Teil zur tief greifenden Verunsicherung der Bevölkerung beitrugen.

Ökologischer Boom

Das Ende der Tschernobyl-Informationssperre löste einen ökologischen Enthüllungsboom aus, der auch zur "Entdeckung" anderer katastrophaler Folgen der Modernisierung sowjetischen Stils führte. Es war die Sturm-und-Drang-Zeit des ökologischen Interesses und Umweltengagements in der Sowjetunion und gleichzeitig aufgebrachter Abrechnungen mit dem bestehenden System insgesamt. Litauische und ukrainische Umweltgruppen beschuldigten die Sowjetführung des "Genozids" an ihren Nationen, der belarussische Schriftsteller und Aktivist Ales Adamowitsch forderte einen "ökologischen Nürnberger Prozess", und der seinerzeit im Exil lebende russische Dissident Alexander Sinowjew schuf aus "Perestroika" und "Katastrophe" die Zustandsbeschreibung "Katastroika" für die Stimmung in der späten Sowjetunion. Ohne Zweifel: Die Sensibilisierungs- und Mobilisierungsprozesse, die Tschernobyl auslöste, trugen zum Zusammenbruch der Sowjetunion maßgeblich bei.

Es war indes nicht nur die sowjetische Staatsführung, die versuchte, Informationen zu kontrollieren. Auch westliche Regierungen, Interessenverbände und internationale Organisationen wie die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) verfügten über ausreichend Informationen, um die Sowjetunion in ihrem Umgang mit den Unfallfolgen zu mehr Offenheit drängen zu können. Dabei bedurfte es keines komplizierten geheimdienstlichen Einsatzes, um an die Informationen zu gelangen. Zum einen zeichneten Messstationen in ganz Europa die Bewegung und Zusammensetzung der "Wolke" auf. Zum anderen konnten sich ausländische Ärzte, allen voran der kalifornische Knochenmarkspezialist Robert Gale, in Moskau selbst ein Bild von der Situation machen. Der verheerende Zustand der über 200 Angestellten und Rettungskräfte auf der Spezialstation ließ Rückschlüsse auf das Ausmaß der Katastrophe insgesamt zu. Doch darum ging es nicht. Vielmehr sollten die amerikanischen Ärzte dem sowjetischen Vorgehen "Glaubwürdigkeit verleihen". Das war auch erklärtes Ziel der sowjetischen Seite, als sie entschied, Gale und sein Team trotz der offiziellen Ablehnung aller anderen Hilfsangebote – derer es zahlreiche auch aus "feindlichen" Ländern gab – einzuladen. Gale war sich seiner Rolle bewusst: Er ging sehr vorsichtig mit den Informationen aus erster Hand um und bewahrte Stillschweigen gegenüber der internationalen Presse. Gleichzeitig drängte er zusammen mit dem Geschäftsmann Armand Hammer, der die Reise finanziert und die sowjetische Führung darum gebeten hatte, Gale einzuladen, die Sowjetunion dazu, eine gemeinsame Pressekonferenz abzuhalten. Ihr Bemühen war erfolgreich. Bei der ersten sowjetischen Pressekonferenz zur Katastrophe, am 15. Mai 1986, saßen Gale und Hammer neben dem Hämatologen und späteren russischen Gesundheitsminister Andrej Worobjow und bekräftigten die sowjetischen Erklärungen.

Gales neutrale bis positive Darstellung des sowjetischen Katastrophenmanagements, seine Behandlungsmethoden und seine Entscheidung, mit Frau und Kindern nach Kiew zu reisen, um die Unbedenklichkeit der Lage zu demonstrieren, blieben nicht ohne Kritik. So wurde er der "reactor diplomacy" bezichtigt. Gleichzeitig klärte er in kalifornischen Schulklassen über die Gefahren eines Nuklearunfalls auf und animierte sie, Briefe an Gorbatschow zu schreiben, um ihr Mitgefühl zu bekunden und den sowjetischen Staatsführer zu bitten, den betroffenen Menschen zu helfen.

In den USA gab es auch andere Stimmen, die vom allgemeinen Tenor der "genuin sowjetischen" Katastrophe, die unter den Bedingungen einer liberalen Demokratie so nicht passieren könne, abwichen. Diese kamen unter anderem von Mitgliedern einflussreicher staatlicher Institutionen: So erklärte James Asselstine, Kommissionsmitglied der Atomaufsichtsbehörde NRC (Nuclear Regulatory Commission) noch im selben Jahr der Katastrophe, dass ähnliche Unfälle in den USA nicht nur möglich, sondern sogar sehr wahrscheinlich seien, zumal die Verbesserungen der Sicherheitsvorkehrungen, die nach dem Unfall in Three Mile Island 1979 beschlossen worden waren, nur unzulänglich umgesetzt worden seien. Unter dem herrschenden Sicherheitsregime, warnte Asselstine, würde es mit einer Wahrscheinlichkeit von 45 Prozent in den nächsten 20 Jahren zu einer Kernschmelze in einem US-Reaktor kommen. Seine Warnungen fanden zwar starken Widerhall in führenden Medien des Landes, stießen auf politischer Ebene aber nicht auf Gehör. Asselstines öffentliches Auftreten wurde von der US-Regierung unter Präsident Ronald Reagan nicht gebilligt und seine Amtszeit schließlich 1987 nicht verlängert. Zumindest in Expertenkreisen wurden seine Befürchtungen jedoch ernst genommen und mündeten schließlich in einer international besetzten Expertenkommission, um die Sicherheit von Reaktoren weltweit zu verbessern, an der auch sowjetische Atomphysiker teilnahmen.

Eines der Hauptthemen im US-amerikanischen öffentlichen Diskurs über das Katastrophenmanagement nach Tschernobyl war die Notfallplanung. Die Einrichtung einer 30-Kilometer-Sperrzone in der Sowjetunion führte in den USA dazu, dass Umweltorganisationen und besorgte Bürgerinnen und Bürger die in den Vereinigten Staaten vorgesehene Evakuierungszone von zehn Meilen (16 Kilometer) als nicht ausreichend kritisierten. Unter starkem Druck aus der Bevölkerung verweigerten die Gouverneure von Massachusetts, Vermont, Ohio und New York Ende der 1980er Jahre ihre Zustimmung zu den Notfallplänen, die für die Lizensierung neuer Reaktoren notwendig waren. Damit verzögerten oder stoppten sie die Inbetriebnahme neuer Anlagen. Zu einer Ausweitung der vorgesehenen Evakuierungszone kam es jedoch nicht. Die zehn Meilen sind bis heute aktuell, was allerdings oft noch die Planungen europäischer Länder, die im Schnitt fünf bis zehn Kilometer zur Evakuierung im Katastrophenfall vorsehen, übertrifft. Auch die durch die Katastrophe von Fukushima 2011 aufgefrischte Kritik an diesen Regelungen führte zu keiner Änderung.

Das soziale Sicherungssystem der Sowjetunion war nicht darauf vorbereitet, Hilfe für mehrere Hunderttausend Katastrophenopfer über einen Zeitraum von vielen Jahren zu gewährleisten. Auch das wohlhabende Japan steht nach Fukushima vor einer – wenn überhaupt – nur schwer zu bewältigenden Aufgabe. Im Vergleich zu Japan waren die Nachfolgestaaten der Sowjetunion, die das Erbe von Tschernobyl tragen, für eine solche Aufgabe noch viel schlechter ausgerüstet und oft schlichtweg finanziell wie logistisch überfordert. Die ehemaligen Sowjetrepubliken waren in vielerlei Hinsicht auf Hilfe von außen angewiesen – sowohl auf staatlicher als auch auf nichtstaatlicher Ebene. Schon in den späten 1980er Jahren, der späten Perestroika-Phase, begannen verschiedene nichtstaatliche ausländische Initiativen ihre Arbeit in den am meisten betroffenen Regionen. Dabei waren die USA, Italien, Japan und Deutschland Vorreiter in der privaten humanitären Hilfe.

Individuelle Lebenswege

Eine in den großen Debatten oft unterbelichtete Dimension der Katastrophe sind die Brüche in den individuellen Biografien. Dabei führte Tschernobyl doch gerade in den Lebensentwürfen von Millionen von Menschen zu einem entscheidenden Wendepunkt. Während für manche die neue Zeiteinteilung in "davor" und "danach" nur eine temporäre Zeitumstellung bedeutete, dauert für Hunderttausende die neue Zeitrechnung an. Das sind in erster Linie die unmittelbar Betroffenen, die sogenannten Tschernobylzy, die selbst oder deren Familien aus kontaminierten Regionen in der ehemaligen Sowjetunion stammen beziehungsweise dort immer noch oder wieder leben, oder die an den Aufräumarbeiten beteiligt waren oder noch sind. Nicht selten wurden und werden sie stigmatisiert – mal als "Verstrahlte", mal als Abstauber, für die allein materielle Wiedergutmachungsleistungen und kostenlose Erholungsreisen zählen. Oft sind die Biografien der Menschen, die ihre Wohnungen und Häuser räumen mussten oder seit dem Unfall mit der Gewissheit oder Angst leben, sie selbst oder ihre Angehörigen könnten gesundheitlichen Schaden erlitten haben, mehrfach gebrochen: Ihre Ängste fielen zudem in eine beginnende Phase des kompletten gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Umbruchs, was ihre Situation zusätzlich verschärfen konnte. Die Ängste sowie deren psychische und körperliche Folgen lediglich als unbegründete "Radiophobie" abzutun, ist nicht nur unzulänglich und zynisch, sondern vergibt auch die Chance, das damit verbundene Erfahrungswissen der Laien zu systematisieren und für das Expertenwissens nutzbar zu machen.

Aber auch auf der Seite der nicht unmittelbar Betroffenen konnte Tschernobyl zu einem biografischen Wendepunkt werden. Aktivistinnen und Aktivisten im In- und Ausland beschrieben die Katastrophe als lebensverändernde Erfahrung. Der belarussische Philosoph Gennadi Gruschewoi etwa schilderte zum 20. Jahrestag des Unglücks, wie die Konfrontation mit Tschernobyl sein bisheriges Leben erschütterte und schließlich dazu führte, dass er in Belarus den ersten nichtstaatlichen Hilfsfonds "Für die Kinder von Tschernobyl" gründete. Nach Tschernobyl änderten sich in vielen biografischen Erzählungen die geografischen Bezugspunkte; es bildete sich eine globale Solidaritäts- und "Opfergemeinschaft" heraus. "It made all the difference in the world, it changed his life", erinnert sich Joanna Macy an den Einfluss der Katastrophe auf das Leben ihres Mannes Francis. Der frühere US-Information-Agency-Mitarbeiter in Moskau und später engagierte Organisator von citizens’ exchanges zwischen den USA und der Sowjetunion, fasste die Hilfe für die "Tschernobyl-Kinder" in einem Interview so zusammen: "Das sind nicht nur eure Kinder, sondern auch unsere Kinder, die Kinder der gesamten Welt." Zeitzeugenberichte belegen, dass es insbesondere für Engagierte aus dem Westen nicht nur die Konfrontation mit den Katastrophenfolgen war, die als lebensverändernd wahrgenommen wurde, sondern auch die Konfrontation mit Vorurteilen und dem unbekannten Regime, dem vermeintlichen "evil empire", als das Reagan die Sowjetunion drei Jahre zuvor bezeichnet hatte.

Ambivalenzen

Dreißig Jahre sind vergangen seit jener verhängnisvollen Frühlingsnacht, die für Millionen von Menschen eine neue Zeitrechnung einläutete: die Zeit vor und nach Tschernobyl. Längst steht Tschernobyl nicht mehr nur für das eingetretene "Restrisiko", den "größten anzunehmenden Unfall" (GAU) im Atomkraftwerk. Vielmehr hat die Explosion im vierten Reaktor eine schier unendliche Fülle von anderen, sich über Zeit und Raum wandelnden, manchmal aber auch konstant bleibenden oder vergessen geglaubten und zurückkehrenden Sinnzuschreibungen erfahren. Diese Deutungen haben nur mehr oder weniger mit der Katastrophe zu tun, sie prägen die Erinnerung an und den Umgang mit ihr aber erheblich. Dabei wäre eine Unterteilung in Atomkraftbefürworter und Atomkraftgegner, in Ost und West, direkt Betroffene und Außenstehende viel zu einfach – zumal es in dem transnationalen Katastrophenprozess Außenstehende nicht wirklich gibt. Einerseits sprechen direkt Betroffene, deren Solidargemeinschaften sowie Atomkraftgegnerinnen und -gegner tendenziell zwar mehr von den potenziellen Gefahren radioaktiver Verstrahlung, von Tod, Krebs und anderen Krankheiten, Behinderungen, von Heimatverlust oder sogar, wie im Falle der Nationalbewegungen in der späten Sowjetunion, von einem Völkermord. Andererseits heben andere aber auch die menschliche Energie nach dem Katastrophenereignis hervor, das Engagement über den Eisernen Vorhang hinweg, den Neuanfang, die Erfahrungen von Auslandsreisen und das dadurch angehäufte soziale Kapital, das ihr Leben positiv beeinflusst habe. Nicht wenige derjenigen, die ihre Heimatorte verlassen mussten, befürworten weiterhin den Ausbau der Atomkraftanlagen – sowohl in ihrem eigenen Land als auch in anderen Ländern.

Gleichzeitig argumentieren Strahlenphysiker, technische Expertinnen, Mediziner, Politikerinnen und Bürokraten, die Atomenergie für eine vertretbare Energiequelle halten, gegen das Katastrophennarrativ und pochen auf naturwissenschaftlich korrekte Beschreibungen. Begriffe wie "Verstrahlung" und "Katastrophe" gelten unter ihnen als tendenziös, da sie die Realität von Kontamination durch einen Industrieunfall nicht adäquat widerspiegeln würden. Allerdings ist auch hier in den meisten Fällen zwischen den Zeilen eine Ambivalenz zu erkennen, am häufigsten, wenn es um die Einschätzung der Folgen von Niedrigstrahlung geht.

Die Tschernobyl-Rezeption hat inzwischen auch populärkulturelle Erscheinungsformen angenommen. Das Computerspiel "Stalker. Shadow of Chernobyl" etwa, das in der Sperrzone um den explodierten Reaktor spielt, ist im Internet Gegenstand angeregter Diskussionen über die Authentizität von Bildern und Beschreibungen. Längst hat es die Katastrophe von 1986 auch ins Hollywoodkino und den "Tatort" am Sonntagabend geschafft. Wer es "authentischer" haben will, geht auf Tour durch die Zone, um dann die immer gleichen Bilder in den sozialen Netzwerken zu posten: das Riesenrad, das niemals dazu kam, seine Runden zu drehen, die hinterlassene Puppe neben den schaurig arrangierten Gasmasken im Kindergarten, bröckelnde kommunistische Wandmalereien, Bäume in und auf Häusern, den in den Kamerafokus gehaltenen Geigerzähler. Auch der Schnappschuss vor dem explodierten Meiler darf nicht fehlen: Statt Eifelturm oder Kolosseum ragt hinter den Anhängern dieses dark tourism der Kühlturm des explodierten Meilers in den Himmel. In den vergangenen Jahren häufen sich auch Schilderungen von paradiesischen Zuständen in der Sperrzone: heulende Wölfe im Mondschein oder friedlich galoppierende Wildpferde in vermeintlich unberührter Natur. Alles in Ordnung also? Ökosysteme können sich radioaktiven Strahlungsbelastungen anpassen, sagen die einen. Sie widersprechen damit den anderen, Laien wie Wissenschaftlern, die in akribischer Kleinarbeit genetische Veränderungen an Pflanzen und Tieren dokumentieren.

Fernab der Natur bemühen ukrainische und belarussische Akteurinnen und Akteure jedweder Couleur immer wieder ein "politisches Tschernobyl", um Ausnahmesituationen zu umschreiben oder politische Gegner bloßzustellen. Auch hier ist die Ambivalenz offenkundig: Sowohl Opposition als auch Regierung können sich das Verursachen eines "politischen Tschernobyls" gegenseitig vorwerfen. Die Liste der Tschernobyl-Sinnzuschreibungen scheint schier endlos und zeugt davon, dass die Faszination, die das Atom seit seiner Entdeckung umhüllt hat, in gewisser Hinsicht geblieben ist, auch wenn sie, zumindest teilweise, die Richtung geändert hat. Das positiv strahlende Fortschrittsparadigma, das im Kalten Krieg auf beiden Seiten existierte und durch die Systemkonkurrenz noch angefeuert wurde, musste der Ernüchterung und in vielen Fällen auch der Bestätigung von Ängsten weichen. Dabei ist das alles verbindende Element die Unsicherheit beziehungsweise der Umgang mit ihr: das Verleugnen von Unsicherheit, der Ausdruck von Unsicherheit, die Instrumentalisierung von Unsicherheit, die mehr oder weniger erfolgreiche Bewältigung von Unsicherheit und letztlich auch die Lust an der Unsicherheit. Es geht um Unsicherheit, die buchstäblich in der Natur der Sache liegt, der Radioaktivität selbst, ihrer einzigartigen physikalischen Eigenschaften, die der Anthropologe Joseph Masco in Anlehnung an Freud "the nuclear uncanny" nannte. Was bleibt, sind Ambivalenz und bis auf Weiteres unüberbrückbare Gräben zwischen den Anhängern der unterschiedlichen Spielarten.

Der slowenische Philosoph Slavoj Žižek erklärte die eingangs zitierte Identifizierung "We all live in Chernobyl" später damit, dass Tschernobyl als "Symptom" eines transnational gültigen Problems wahrgenommen werde, "as precisely the exception where the repressed truth of the totality emerges". Zwar war der "Wendepunkt Tschernobyl" in Bezug auf die Umwelt- und Energiepolitik nur eine kurze Richtungsänderung, bevor vielerorts der alte Kurs wieder eingeschlagen wurde. In den meisten Fällen bedurfte es erst der wiederholten Katastrophe, um tatsächlich Veränderungen in Gang zu setzen, wie das Beispiel der deutschen "Energiewende" eindrücklich belegt. Aber die Gesamtheit der unterschiedlichen Dimensionen berücksichtigend, verursachte Tschernobyl dennoch eine markante Störung von Zukunftsentwürfen und (Teil-)Ordnungen, und zwar weit über die direkt betroffenen Gesellschaften hinaus. Denn das Ereignis offenbarte nicht nur die enormen Kosten der Nutzung der Atomenergie – mit oder ohne Unfall –, sondern auch die Verletzlichkeit unterschiedlichster Segmente der Gesellschaft.

Die Wahrnehmung und der öffentliche Ausdruck dieser Verletzlichkeit nach Tschernobyl führte schließlich auch dazu, dass das eingangs erwähnte Atomkraftwerk Shoreham nie in Betrieb genommen wurde.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Vgl. Karl Grossman, The Rise and Fall of LILCO’s Nuclear Power Program, in: The Long Island Historical Journal, 5 (1992) 1, S. 2–20, hier: S. 16.

  2. Vgl. Ayşecan Terzioğlu, Rauchumschleierte Berge. Die Debatte um den Tschernobyl-Effekt in der Türkei, in: Melanie Arndt (Hrsg.), Politik und Gesellschaft nach Tschernobyl. (Ost-)Europäische Perspektiven, Berlin 2016, S. 104–129.

  3. Vgl. Sharon Stephens, The "Cultural Fallout" of Chernobyl Radiation in Norwegian Sami Regions, in: dies. (Hrsg.), Children and the Politics of Culture, Princeton 1996, S. 292–320.

  4. Vgl. Karena Kalmbach, Frankreich nach Tschernobyl. Eine Rezeptionsgeschichte zwischen "Nicht-Ereignis" und "Apokalypse", in: M. Arndt (Anm. 2), S. 237–255.

  5. Vgl. Kacper Szulecki, Von Czarnobyl zu Żarnobyl. Die Auswirkungen Tschernobyls auf die grüne Opposition in Polen, in: M. Arndt (Anm. 2), S. 28–53.

  6. Vgl. Jane Dawson, Eco-Nationalism. Anti-Nuclear Activism and National Identity in Russia, Lithuania, and Ukraine, Durham–London 1996.

  7. Die Abkürzung steht für "Reaktor Bolschoi Moschtschnosti Kanalny", übersetzt etwa "Hochleistungs-Reaktor mit Kanälen". Im Unterschied zu den meisten Reaktoren außerhalb der ehemaligen Sowjetunion sind RMBK-Reaktoren grafitmoderiert, das heißt, dass Grafitstäbe im Reaktorkern die bei jeder Kernspaltung von Uran-235 entstehenden Neutronen abbremsen. Dadurch verlangsamen sich die Neutronen so, dass sie die Kettenreaktion der Kernspaltung, die notwendig ist, um kontinuierlich Energie zu erzeugen, in Gang halten können. Je weniger Grafitstäbe sich zwischen den Brennelementen befinden, desto mehr Leistung bringt der Reaktor. Die durch die Kernspaltung gewonnene Wärme lässt Wasser sieden, der dabei entstehende Dampf treibt die Turbinen des Kraftwerks an.

  8. Vgl. dazu auch Sonja D. Schmid, Producing Power. The Pre-Chernobyl History of the Soviet Nuclear Industry, Cambridge MA–London 2015.

  9. Vgl. Charles Perrow, Normal Accidents. Living with High-Risk Technologies, New York 1984.

  10. Vgl. Swetlana Alexijewitsch, Tschernobyl. Eine Chronik der Zukunft, Berlin 2006.

  11. Vgl. etwa Adriana Petryna, Life Exposed, Princeton 2002; Sarah D. Phillips, Chernobyl’s Sixth Sense, in: Anthropology and Humanism, 29 (2004) 2, S. 159–185.

  12. Vgl. etwa David Marples, The Social Impact of the Chernobyl Disaster, London 1988; Astrid Sahm, Transformation im Schatten von Tschernobyl, Münster 1999.

  13. Vgl. etwa Kate Brown, Plutopia, Oxford–New York 2013; Paul R. Josephson, Red Atom, New York 2000; Melanie Arndt, Tschernobyl. Auswirkungen des Reaktorunfalls auf die Bundesrepublik Deutschland und die DDR, Erfurt 2011. Ebenfalls zu nennen ist die Arbeit der Kommunikationswissenschaftlerin Olga Kuchinskaya, The Politics of Invisibility, Cambridge MA 2014.

  14. Peter Wehling, Jenseits des Wissens? Wissenschaftliches Nichtwissen aus soziologischer Perspektive, in: Zeitschrift für Soziologie, 30 (2001) 6, S. 465–484, hier: S. 466.

  15. Vgl. Jain S. Lochlann, Malignant. How Cancer Becomes Us, Berkeley–Los Angeles 2013.

  16. Vgl. etwa Ian Fairlie/David Summer, The Other Report on Chernobyl (TORCH), Berlin–Brüssel–Kiew 2006; Greenpeace, The Chernobyl Catastrophe, Amsterdam 2006; International Atomic Energy Agency (IAEA), The Chernobyl Forum: 2003–2005, Chernobyl’s Legacy: Health, Environmental and Socio-economic Impacts and Recommendations to the Governments of Belarus, the Russian Federation and Ukraine, Wien 2006.

  17. Stefan Schmitt, Tschernobyl-Opfer: Gezerre um die Strahlentoten, 18.4.2006, Externer Link: http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/-a-411839.html (23.2.2016).

  18. S.D. Schmid (Anm. 8), S. 11.

  19. Zwar gab es hinreichend Expertise auch von sowjetischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, um alternative Entscheidungen zur Katastrophenbewältigung zu fällen. Aber dass die Staatsführung dieses Wissen nicht oder nur teilweise nutzte, ist ein Beispiel für die institutionellen Barrieren, die Wissen zwar vorhanden, aber nicht verfügbar oder anwendbar sein lassen und stattdessen Nichtwissen produzieren.

  20. Für Zeitzeugenberichte vgl. zum Beispiel S. Alexijewitsch (Anm. 10); Melanie Arndt/Margarethe Steinhausen, Wir mussten völlig neu anfangen. Opfer der Tschernobylkatastrophe berichten, Bielefeld 2011.

  21. Vgl. Klaus Gestwa, Katastrojka und Super-GAU. Die Nuklearmoderne in Zeiten von Tschernobyl und Fukushima, in: Katharina Kucher/Gregor Thum/Sören Urbansky (Hrsg.), Stille Revolutionen. Die Neuformierung der Welt seit 1989, Frankfurt/M. 2013, S. 57–72.

  22. Robert Gale im Interview mit der Autorin, 17.5.2014.

  23. Felicity Barringer, Reactor Diplomacy, 31.7.1988, Externer Link: http://www.nytimes.com/1988/07/31/books/reactor-diplomacy.html (3.3.2016).

  24. James K. Asselstine, Statement before the Subcommittee on Energy Conservation and Power Committee on Energy and Commerce, 22.5.1986, in: Archiv der NRC, 36405.

  25. Vgl. Astrid Sahm, Auf dem Weg in die transnationale Gesellschaft? Belarus und die internationale Tschernobyl-Hilfe, in: Osteuropa, 56 (2006) 4, S. 105–116.

  26. Vgl. Swetlana Alexijewitsch, Stimmen aus Tschernobyl, in: APuZ, (2006) 13, S. 3–11.

  27. Joanna Macy im Interview mit der Autorin, 2.12.2013.

  28. Zit. nach: I. Gajvandova, Ne "radiofobija", a radiostress, in: Vrač, Oktober 1991, S. 58f., hier: S. 59.

  29. Joseph Masco, The Nuclear Borderlands, Princeton 2006, S. 27f.

  30. Slavoj Žižek/Renata Salecl, Lacan in Slovacia, in: Peter Osborne (Hrsg.), A Critical Sense, London–New York 1996, S. 21–35, hier: S. 34.

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Dr. phil., geb. 1977; wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Ost- und Südosteuropastudien Regensburg (IOS); Koleiterin eines deutsch-französischen Projekts zur sowjetischen Umweltgeschichte; IOS, Landshuter Straße 4, 93047 Regensburg. E-Mail Link: arndt@ios-regensburg.de